Zukunftsaussichten mit selbstfahrenden Autos

Gedanken dazu von Martin Zahnd, Präsident IGAWB

Es gibt schon einige interessante Artikel zu diesem Thema, besonders erwähnen möchte ich umverkehR «Rahmenbedingungen setzen» und Beobachter «Mit Hightech in den Verkehrskollaps».

Selbstfahrende Fahrzeuge erleichtern den Menschen das Reisen, was unbestritten ist. Ob dies nun ein Fortschritt für die Menschheit oder nur für die Industrie ist, möchte ich mit meinen Gedanken und Überlegungen hier erläutern.

Was passiert, wenn Autofahren nun so einfach wird?

Jedes Kind kann Autofahren. Ich schätze mal, das wird dann auch intensiv genutzt. So kann das Kind mit dem Auto in die Schule fahren und muss nicht mehr von den Eltern dorthin gefahren werden (Dies, obwohl die Schulleitung regelmässig dazu aufruft, man solle dem Kind das Erlebnis des Schulweges ermöglichen).
Fachleute behaupten, 10% der Fahrzeuge würden reichen, um die bisherigen Passagiere in den Städten zu befördern. Rein rechnerisch mag das stimmen. Dazu stellt sich aber die Frage der Zunahme der Passagiere. Was passiert mit den ÖV? Werden die Passagiere ein Carsharing wollen? Da bin ich der Meinung, dass die Mehrheit nach wie vor ein persönliches Fahrzeug haben will. Dass nun mit den selbstfahrenden Fahrzeugen viele Parkplätze wegfallen würden, wäre schön, aber dass dies freiwillig passieren wird, glaube ich nicht.

Reisestrapazen, langweilige Autofahrten, die Notwendigkeit einer Fahrt, das Alles ist nun in Frage gestellt.

Ein grosser Teil der Bevölkerung fährt nicht gerne stundenlang im Auto und empfindet es als Anstrengung. Was aber, wenn nun diese Anstrengung wegfällt? Fernsehschauen oder ein Buch lesen, im Prinzip alles, was ich bis heute auf dem Sofa mache, kann ich in Zukunft auch im selbstfahrenden Auto erledigen und dies dann kombinieren mit einer Fahrt ans Meer oder wohin auch immer. In Zukunft kann man bestimmt auch im Auto schlafen, man hat dann seinen "Schlafwagen", der einem dahin bringt, wo man hin will und das bequem während der Schlafenszeit. Klingt doch alles super, aber ist es das auch? Dass damit viel mehr gereist wird, ist klar. Ökologisch gesehen braucht diese Entwicklung enorm viel mehr Energie, weniger CO2, aber mehr Strom. Vielleicht gibt es ja in Zukunft freie Energie?

Umverlagerung ÖV zu selbstfahrenden Autos

Die entscheidende Frage ist: Was passiert mit den ÖV? Werden die Tram- und Buslinien eingestellt? Ich schätze ja. Wer will denn schon noch soviel Zeit aufbringen? Und die Zuglinie? Auch da gilt die gleiche Frage, was bequemer ist? Man kann das ja noch ausmalen. Ein selbstfahrendes Auto kann auch als Ruheplatz, ev. sogar als Schlafplatz gebraucht werden. Also ist ein Arbeitsweg von Genf nach Zürich in Zukunft sicher kein Problem. Der Mitarbeiter kann im Auto arbeiten, an Online-Meetings teilnehmen, er kann sogar seinen Arbeitsplatz im Auto einrichten und kommt dann zum Mittagessen zur Arbeit, um etwas persönliches zu besprechen. Ein Problem wird sein, wo all die Fahrzeuge parkiert werden können. Aber das kann man sicher mit Tiefgaragen oder Autosilos lösen. Als Konsument muss ich das Auto nicht mehr holen, sondern es fährt zu mir. Ich muss also nur noch frühzeitig die Anweisung ans Auto geben, damit ich keine Wartezeit habe. Das Autosilo kann dann irgendwo ausserhalb stehen.

Nie mehr Stau behaupten die Lobbys

Das ist bestimmt nicht so. Dass der Verkehr massiv zunehmen wird, ist wohl unbestritten. Ich gehe mal davon aus, dass er sich mindestens verdreifachen wird. Da frage ich mich natürlich, wie das die bestehenden Strassen schlucken sollen. umverkehR titelt ihre Broschüre mit «Rahmenbedingungen setzen!» Das wäre äusserst wichtig. Ich frage mich aber, ob unsere Politik dazu im Stande ist? Schliesslich bedeuten Rahmenbedingungen einen Rahmen, eine Grenze im Ausbau der Ideologie von selbstfahrenden Fahrzeugen. Das wird die Lobby kaum zulassen. Deshalb wird man wie gewohnt erst mal alles ausrollen und dann schauen, was passiert ist und dann gegebenenfalls Rahmenbedingungen setzen. Das kennen wir zu genüge vom Mobilfunk, Flugverkehr, Asbest, Zigaretten, Nanotechnologie, etc und der heiligen Kuh namens Auto.

Datenübertragung, Mobilfunk, 5G

Die nötige Vernetzung und Datenübertragung für selbstfahrende Autos will die 5G-Mobilfunktechnologie liefern. Extrem hohe Frequenzen sind für die grossen Datenmengen nötig. Diese sind bei 28 GHz und bewegen sich in Richtung den Frequenzen von sichtbarem Licht. So kann dann auch wie beim Sonnenlicht ein Blatt bereits den Durchgang der Kommunikation stören. Was passiert also mit den Bäumen? Stellen die ein Sicherheitsrisiko dar? Müssen die Baumalleen entlang den Strassen gefällt werden? So sieht es zumindest aus. Auf 5G Teststrecken sind keine Bäume zu finden, wo welche waren, wurden sie gefällt.

Kommen in Zukunft selbstfliegende Helikopter, Drohnen?

Drohnen ist im Zusammenhang mit Mobilität auch ein Thema. Wo werden da die Grenzen gesetzt? Wenn denn überhaupt welche gesetzt werden. Die Post will ja ihre Pakete mittels Drohnen ausliefern, entsprechende Tests sind bereits am laufen. Noch sind diese Pakete vom Gewicht her begrenzt, doch wird das so bleiben? Wird das selbstfahrende Auto in Zukunft auch noch fliegen können? Das gäbe nochmals eine andere Dimension dazu. Technisch ist das bestimmt machbar. Zum Beispiel der City Airbus steht schon in den Startlöchern. Vom Platz her wäre dies ja sinnvoll, denn im Himmel hat es noch viel Platz, am Boden stossen wir in den Städten schon längst an unsere Grenzen.

Fazit

Die Menschheit entfernt sich mit den selbstfahrenden Autos noch weiter weg von der Natur. Baumalleen, freigewordene Parkplatzflächen, etc werden dem Autoverkehr geopfert werden müssen. Wo wird der Mensch in Zukunft überhaupt noch Kontakt mit der Natur haben? Für mich sind selbstfahrende Autos ein Schritt in die falsche Richtung, ein Schritt weg von der Natur, weg vom geselligen hin zum einsamen Individuum; einem Individuum, das mit technischen Impressionen zugeschüttet wird und kaum noch Platz finden wird, sich kreativ und geistig weiterzuentwickeln.