10.12.2009 - Zürich Nord

Ausweichverkehr: Die Höngger und Wipkinger müssen sich noch gedulden


Spätestens 2013 sollen solche Situationen gemäss Tiefbauamt der Vergangenheit angehören. Foto: rs.

Der zunehmende Verkehr in der Breitenstein- und der Strasse Am Wasser hat die Anwohner mobilisiert. Die Stadt hat informiert.

Roger Suter

Höngger und Wipkinger sind gleichermassen unzufrieden mit dem zunehmenden Ausweichverkehr im Quartier. Und zwar so sehr, dass seit Oktober eine Kerngruppe aus Anwohnern das Anliegen vertritt und noch diesen Monat eine Interessengemeinschaft gegründet werden soll. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an die Informationsveranstaltung vergangener Woche. Diese konnte auch Roman Dellsberger von der Gemeinwesenarbeit Waidberg, hier als Moderator engagiert, nicht dämpfen.

Der Fragenkatalog der angehenden IG jedenfalls war lang: Gibt es einen Verkehrsplan für Stadt und Agglomeration? Welche Massnahmen sind geplant? Und was wird mit dem geplanten Ausbau Am Wasser/Breitensteinstrasse bezweckt? Schliesslich fordert die IG nachts ein komplettes Tempo-30-Regime und eine Ausweitung tagsüber, nicht zuletzt wegen des Schulhauses und der Kindergärten.

Das Line-up zumindest verhiess Kompetenz: Hans-Rudolf Wymann, Leiter Planung und Lenkung bei der Dienstabteilung Verkehr, Vilmar Krähenbühl, Leiter Projektierung und Realisierung beim Tiefbauamt, Hans-Rudolf Christen, Quartiermanager für Höngg, Beat Jörger, Leiter Gebietsmanagement im Tiefbauamt sowie Michael Neumeister, Projektleiter der Verkehrsplanung erläuterten die Pläne der Stadt.

Unberechenbare Autofahrer

Wymann erklärte zuerst die schwierige Verkehrssituation in der Stadt: Mit der Hardbrücke und der Pfingstweidstrasse sind zwei grössere Einfallsachsen in die Stadt derzeit nicht voll verfügbar. Zudem versuche man, mit flankierenden Massnahmen wie der neu im Gegenverkehr befahrbaren Seebahnstrasse den Transitverkehr auf die Westumfahrung zu bekommen.

«Leider verhalten sich die Autofahrer nicht immer so, wie wir uns das wünschen», bedauerte Wymann, «und suchen sich eigene Routen.» So würden viele die Autobahn schon bei der Europabrücke verlassen und dann via Am Wasser und Breitensteinstrasse in die Stadt gelangen, «was auch nicht schneller als die Pfingstweidstrasse ist». Hinzu kommt, dass auch die Kapazität am Wipkingerplatz eingeschränkt ist, weil der benachbarte Escher-Wyss-Platz umgebaut wird. Folglich stauen sich die 20 Prozent Mehrverkehr der Limmat entlang. Der Mehrverkehr in die andere Richtung stammt laut Wymann von der Rosengartenstrasse. Auch hier würden viele Autofahrer – unnötigerweise und entgegen der Signalisation – schon vor der Hardbrücke auf die Nebenstrassen Richtung Höngg der Autobahn ausweichen, statt via Duttweilerbrücke und die stadtauswärts absichtlich zweispurige Pfingstweidstrasse. «Dabei läuft dank der Tropfenzähler der Verkehr auf der Brücke selber flüssig», beteuert Wymann. Doch auch hier hätten die Verkehrsleiter nur beschränkt Einfluss: Wenn die Autoschlange oberhalb des Wipkingerplatzes zu lang wird, verstopft sie die Rosengartenstrasse. Unerwähnt blieben die Höngger, die gerne via Bucheggplatz, Tièche- und Kürbergstrasse heimkehren würden; ihnen steht an Letzterer eine Baustelle im Weg. Ein Lichtblick sei aber, dass derzeit Am Wasser kaum Geschwindigkeitsübertretungen gemessen würden.

Jedes Jahr 16 km neue Strassen

Vilmar Krähenbühl erläuterte die Abläufe der sehr wohl vorhandenen Baustellenkoordination und die Notwendigkeit, Infrastruktur zu ersetzen. «Bei 740 Kilometern Stadtstrassen mit einer Lebensdauer von 45 Jahren sind jedes Jahr 16 Kilometer zu ersetzen», sagte er. Tramgleise halten 20 bis 35 Jahre und müssen jährlich auf rund 7 von total 166 Kilometern ersetzt werden. «Und selbst bei den 1000 Kilometer Abwasserkanälen, die 100 Jahre halten, sind jedes Jahr deren 10 fällig. Wir bauen also nicht aus Freude daran.»

Weil man aber nicht mehrere Achsen gleichzeitig aufreissen könne, müssten die einen zeitweise als Ausweichrouten für die anderen herhalten. Und die Zeit, in der die Pfingstweid- und die Hardturmstrasse auch den Höngger und Wipkinger Verkehr aufnehmen müssen, ist nicht mehr fern: Ab 2012/2013 wird Am Wasser zugunsten der Fussgänger und Velofahrer ausgebaut. Die Strasse erhält Bäume, Trottoirüberfahrten, wo Fussgänger vortrittsberechtigt sind, einen durchgehenden Veloweg beziehungsweise -streifen, die Fussgänger bekommen ein Trottoir und vor dem Schulhaus auch Schutzinseln und müssen sich nicht mehr auf gelb schraffierten Sperrflächen Gefahren aussetzen.

Michael Neumeister, beim Tiefbauamt für Mobilität und Planung zuständig, stellte schliesslich die Strategie hinter der ganzen Bauerei vor. Demnach soll der Autoverkehr vor allem auf der Umfahrung und einzelnen Achsen ins Zentrum (A1 aus dem Westen, Schöneich und Milchbuck aus dem Norden und Brunau aus dem Süden) fliessen. Der öffentliche Verkehr hingegen soll das Zentrum mit einem dichten Netz und ebensolchen Fahrplan möglichst ungehindert erschliessen.

Achsen um Höngg herum

Für Höngg sind für die Zeit nach 2015 folgende (kantonale) Achsen vorgesehen: Frankentalerstrasse, an­schliessend Limmattalstrasse und Europabrücke. Am Wasser und Breitensteinstrasse, die Limmattalstrasse vom Meierhofplatz stadtauswärts, Gsteig- und Emil-Klöti-Strasse haben nur regionale Bedeutung; die Regensdorfer- und die Limmattalstrasse stadteinwärts haben nur kommunale Funktionen.

In Wipkingen soll nur noch die Rosengartenstrasse von kantonaler Bedeutung sein. Tièche- sowie Breitenstein- und Wasserwerkstrasse dienen regionalem Verkehr.

Um diese Ziele zu erreichen, plant die Stadt entsprechende Umgestaltungen Am Wasser (siehe Artikel auf dieser Seite), an der Limmattal- und der Rosengartenstrasse, wo auf Höhe des Schulhauses Nordstrasse Fussgängerstreifen und Verkehrsampeln installiert werden.

Sofortmassnahmen möglich

In der anschliessenden Fragerunde sagte Wymann zu, dass er eine Ausdehnung der Tempo-30-Zone Am Wasser in Absprache mit der Kreisschulpflege für eine sehr gute Idee halte und prüfen wolle. Mit dem vermeintlichen Ausbau der Strasse komme man nur einem gesetzlichen Schutzauftrag für Fussgänger nach. Der Wipkingerplatz werde jedoch auch nach dem Ersatz der Tramgleise ein Verkehrsplatz bleiben, sagte Beat Jörger, Leiter Gebietsmanagement beim Tiefbauamt. Und mit einem Schwerverkehrsverbot für die Haldenstrasse im Kreis 3 sei man vor Bundesgericht abgeblitzt.

Den schwarzen Peter, der Kanton würde manch sinnvolle Massnahme in regional klassierten Strassen verhindern, wollte sich FDP-Kantonsrätin Carmen Walker-Späh zwar nicht zuschieben lassen: «Die Stadt Zürich ist in der glücklichen Lage, auch selber eine Planungsregion zu sein. Damit kann sie jederzeit Massnahmen vorschlagen und vom Kanton absegnen lassen.» Doch so lange der Kanton damit droht (und in einer Volksabstimmung wohl sogar obsiegen würde), den beiden Städten Zürich und Winterthur die Hoheit über die Strassen wegzunehmen, dürfte Zürich äusserst vorsichtig agieren.

 

 

Mehr Platz, aber nicht für die Autos

 

Wenn die Pfingstweidstrasse fertig ist, wird die Strasse Am Wasser verbreitert – für Velofahrer und Fussgänger.

Roger Suter

Die Strasse Am Wasser ist in einem schlechten Zustand. Das Tiefbauamt will sie deshalb bei der nächsten Gelegenheit erneuern. Diese kommt, wenn das Tram Zürich-West gebaut ist und der Verkehr dort wieder ungehindert fliessen kann, 2012 oder 2013. Bis auf einige Details ist das Projekt erarbeitet und auch mit dem Kanton abgesprochen; denn auf dieser regionalen Strasse S-49 hat er das letzte Wort. Die letzten Detailpläne werden vermutlich Ende 2010 aufliegen, wie Quartiermanager Hans-Rudolf Christen ausführte.

Der Umbau ist ein kompletter: Der gesamte Strassenoberbau wird bis auf eine Tiefe von 80 Zentimetern erneuert. Im gleichen Zug werden auch Werkleitungen ersetzt. Ausserdem werden mit dem Umbau zwei hängige Postulate erfüllt, welche beidseits durchgehende Fuss- und Radwege fordern. Letzterer ist auch im Richtplan so vorgesehen.

Die neue Strasse wird zwei Fahrspuren von je 2,75 Metern Breite haben. Hinzu kommen beidseits Radstreifen von je 1,25 Metern. Die Trottoirs sind mindestens 1,75 Meter breit; dort, wo sie auch von Velos benützt werden, mindestens 3 Meter.

Die beiden Schutzinseln vor und nach der Einmündung Bäulistrasse beim Schulhaus Am Wasser werden auf 1,9 bis 2,2 Meter verbreitert und ausserdem mit Bäumen bestückt, welche wartende Fussgänger aber nicht verdecken, die Geschwindigkeit der Autos aber reduzieren helfen. Ähnlich verfährt man beim Fussgängerstreifen am Tobel­eggweg. Ausserdem werden sämtliche Einmündungen als Trottoirüberfahrten gestaltet, welche den Fussgängern Vortritt gewähren. Vor der Abzweigung Grossmannstrasse wird der separat und etwas bergwärts geführte Fussweg beibehalten. Die Velos verkehren auf den Radstreifen.

Trottoir statt Sperrfläche

Der Engpass beim Haus Nr. 108 wird behoben, indem die Strasse bergwärts verschoben und der neue, 2 Meter breite Fuss- und Veloweg in einer Art Galerie am Haus vorbeigeführt wird, was Platz spart. Deren bergseitige Mauer befindet sich nur 1,6 Meter von der Grundmauer des Hauses entfernt. Die Galerie darüber bietet aber trotzdem genügend Platz für dessen Bewohner. Auf der Limmatseite bekommen die Velos einen Radstreifen (1,25 Meter breit) und die Fussgänger ein Trottoir (1,75 Meter) anstelle der heute gelb schraffierten Fläche.

06.05.2010 - Zürich Nord

«Diese Antworten reichen uns nicht»

Während die Sanierung der Hardbrücke voranschreitet, stockt es an der Breitensteinstrasse und Am Wasser weiterhin.

Die Interessengemeinschaft Am Wasser/Breitensteinstrasse (IGAWB) hat deshalb Ende Februar einen ganzen Fragenkatalog ans Tiefbauamt geschickt, dessen Antworten nun eingetroffen sind.

Darin steht zu lesen, dass es keineswegs die Absicht der Stadt sei, den Verkehr auf diese Achse zu verlagern. Sie favorisiert die Route Europabrücke/Pfingstweidstrasse – im Gegensatz zu den Autofahrern, welche offenbar lieber auf engen Strassen statt neben Baustellen im Stau stehen; anders ist der Mehrverkehr rechts der Limmat nicht zu erklären. Allerdings lässt er sich auch schlecht durch Zahlen erhärten: Entlang der fraglichen Strecke ist kein Verkehrszähler installiert. Mit der Westumfahrung habe der Mehrverkehr nichts zu tun, schreibt die Stadt.
Für die gewünschte Abklassierung von Breitensteinstrasse/Am Wasser – die auch der Kanton absegnen müsste – wäre ein Vorstoss im Kantons- oder Gemeinderat nötig, doch räumt die Stadt dem auf Kantonsebene wenig Chancen ein, weil «die Verbindung aus regionaler und städtischer Sicht durchaus Sinn hat». Die Stadt stellt sich auch gegen weitere Nachtfahrverbote. Auch dasjenige an der Weststrasse werde zugunsten von Tempo 30 aufgehoben, was besser vor Immissionen und Gefahr schütze. Derzeit würden im Rahmen des «Tempo-30-Konzeptes für den Lärmschutz» alle Strassen bezüglich Verkehrslärm reihum geprüft. Der Kreis 10 dürfte 2013 an der Reihe sein.

Warten auf fertige Hardbrücke

Mittelfristig (2012/2013, das heisst nach der Hardbrückensanierung) plant die Stadt im fraglichen Abschnitt beidseitig durchgehende Fuss- und Radwege, zusätzliche Fussgängerinseln und Fahrbahnversätze, um die Fahrgeschwindigkeiten auch ausserhalb der Tempo-30-Zeiten beim Schulhaus Am Wasser niedrig zu halten. Eine Ausdehnung dieser Zone als Lärmschutz sei im Moment wegen des bürgerlichen Widerstands zurückgestellt.

Langfristig setze die Stadt auf die Westumfahrung und den öffentlichen Verkehr (Tram Zürich-West, im Bau bis 2011, SBB-Durchmesserlinie bis 2015, Tram Hardbrücke voraussichtlich 2015–2017 und Tram Rosengarten, nach 2020).

Zufrieden ist die IGAWB mit den Antworten nicht: «Über alles gesehen, fühlen wir uns nicht ernst genommen», schreibt Co-Präsident Martin Zahnd auf Anfrage von «Zürich Nord». Er vermisst insbesondere ein «klares Commitment, die Bevölkerung zu schützen». Man sei nicht erst mit der Hardbrückensanierung zur Ausweichroute des chronisch überlasteten Nordrings geworden. (rs.)

01.12.2009 - NZZ

Wohnen mit Blick auf den Stau

Wegen der vielen Baustellen herrscht in Wipkingen und Höngg massiver Mehrverkehr

Heute Abend wollen sich Betroffene aus den Quartieren Höngg und Wipkingen mit Vertretern der Stadtverwaltung treffen, um die Zunahme der Verkehrsprobleme zu diskutieren.

nzz cn. ⋅ Der tägliche Stau auf dem Nordring und vor dem Schöneichtunnel gehört mittlerweile zu den Klassikern in den Verkehrsmeldungen. Dagegen hat es das tägliche Verkehrschaos in den Stadtzürcher Quartieren Höngg und Wipkingen zu wegebracht.

Stadtrat redet Problem schön

Zum Ärger vieler Quartierbewohner wurde das Problem von offizieller Seite lange schöngeredet. So wollte der Zürcher Stadtrat noch Ende September keine Verkehrsprobleme jenseits der grossen Hauptachsen bemerkt haben.

In einer Antwort auf eine dringliche Anfrage der FDP-Gemeinderäte Claudia Simon und Michael Baumer, die sich im Stadtparlament nach den Auswirkungen der Hardbrücken-Sanierung erkundigt hatten, steht lapidar: «In den Quartieren konnte bisher kein Mehrverkehr festgestellt werden.» Anders als die für die Beantwortung der Anfrage zuständigen Verwaltungsangestellten hinter ihren Schreibtischen mussten die Bewohner der betroffenen Quartiere allerdings sehr wohl eine Zunahme des täglichen Verkehrs zur Kenntnis nehmen. Besonders betroffen sind der Meierhofplatz in Höngg und die Breitensteinstrasse, die ab der Quartiergrenze zu Wipkingen Am Wasser heisst.

Auf der vielbefahrenen Strasse, die dem Unterland als Einfallachse dient, hat der Verkehr seit einigen Monaten deutlich zugenommen. Auf demselben Trassee drängen sich seither Automobilisten, Velofahrer und Fussgänger. Zurückzuführen ist dies auf die Sanierung der Hardbrücke und auf weitere Baustellen. So umfahren nicht wenige Autofahrer die Baustelle an der Pfingstweidstrasse über die Strecke Europabrücke und Am Wasser. Erschwert wird die Situation zusätzlich durch verschiedene Sanierungsprojekte des Tiefbauamts in Höngg. Die Arbeiten haben zur Folge, dass noch mehr Autolenker auf die zwischen Hönggerberg und Limmat gelegene Strasse ausweichen.

Lastwagenverbot prüfen

Auf Initiative einiger Quartierbewohner hat sich nun eine Gruppe gebildet, die sich im nächsten Jahr zu einer Interessengemeinschaft formieren will. Heute Dienstag findet eine erste Informationsveranstaltung statt, zu der auch Vertreter der Stadt geladen sind. Wie Mitorganisatorin Verena Tobler ausführte, fordert die Gruppe flankierende Massnahmen auf der Strecke Europabrücke–Wipkingerplatz. Die Rede ist von Tempo 30, einem generellen Transitverbot für Lastwagen und vermehrten Kontrollen. Gleichzeitig wollen die Quartierbewohner erreichen, dass sie bei der geplanten Umgestaltung der Strasse Am Wasser mitreden können. Während die Stadt eine «Aufwertung» verspricht, befürchten die Bewohner nämlich eine blosse Verbreiterung.